Jugendrotkreuz
Die Gsälzbären-Prüfung
Eine Geschichte von Erdbeeren, Himbeeren und Gsälzb(ä)eeren
Die Gsälzbären.
Die Gsälzbären.
Die Gsälzbären.

An einem sonnigen Septembernachmittag war in Linsenhofen nicht der Teufel, sondern der Bär los. Auf dem Katzengarten wütete eine bis dahin unscheinbare Art. In der Vergangenheit versteckten sie sich in dunklen Haushaltsküchen oder großen Fabriken. Gemeinsamkeiten mit seinen großen Namensvettern hat er allemal, auch er steht auf süße Früchte. Im Volksmund wird sein Name manchmal missbraucht. Als liebevolle Bezeichnung für einen Dummkopf oder für jemanden mit dem man noch ein Hühnchen zu rupfen hätte. Doch verdient hat der „Gsälzbär“ das nicht!! Dementsprechend vorsichtig verhält sich der Gsälzbär in der Öffentlichkeit. Doch an diesem 18 September 2010, sollte Schluss sein mit dem Schattendasein. Zusammen mit Obergsälzbär Heiner Wohlfahrt trafen sich 8 Gsälzbären am DRK-Heim in Linsenhofen, ihr Anliegen: Das Geheimnis des Gsälzens an 16 Gsälzbärla weitergeben. Die Aktion wird als Patenveranstaltung des Jugendrotkreuzes im DRK Kreisverband Nürtingen/Kirchheim-Teck getarnt. Sicher ist sicher, Spione gibt es überall.

Genauere Recherchen ergaben, das Wort Gsälz kommt aus dem Schwäbischen und ist der Innbegriff für einen süßen Brotaufstrich aus eingekochten Früchten und somit der schwäbische Deckname für jegliche Art Marmelade, Konfitüre oder Gelee. Seither wurde das Wissen der Gsälzbären, Familienintern weitergegeben. Doch neue Richtlinien ermöglichen nun eine Ausbildung zum Gsälzbär und zwar durch Ablegen einer Prüfung. Sie besteht aus zwei Teilen. Erstens dem fachgerechten Ernten der Früchte und zweitens das Einkochen zu leckerem Gsälz. In der Theorie sollte jeder Gsälzbär die Unterschiede zwischen Marmelade (besteht nur aus Zitrusfrüchten), Konfitüre (enthält Fruchtstücke der jeweiligen verwendeten Sorten) und Gelee (besteht nur aus geliertem Fruchtsaft) kennen. Jedes Jahr werden so neue Gsälzbären ausgebildet und die Tradition der Gsälzherstellung lebt weiter.

Bereits am 17 Juli 2010 begann die Ausbildung, dieses Jahr in Linsenhofen. Die 16 Jung-Gsälzbärla machten sich an das Abernten von ca. 15 Johannisbeersträuchern. Die Eimer füllten sich schnell, doch einer war besonders fleißig. Und da auch bei den Gsälzbären Fleiß ausgezeichnet wird, wurde er zusätzlich noch zum diesjährigen Beerenkönig gekrönt. Ein Ritual, das der jeweilige Obergsälzbär übernimmt. Nach dem Abstreifen und waschen der Beeren werden sie tiefgekühlt. Weitere Früchte die schon im Frühsommer reif sind z.B. Erdbeeren, oder erst im Spätsommer reifen z.B. Himbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren, kommen hinzu und weilen bei frostigen -15°C bis zum zweiten Teil der Gsälzbären-Prüfung.

Bereits Tage zuvor waren die Gsälzbären rund um den Obergsälzbär aktiv und bereiteten den letzten Abschnitt zum Erreichen des Gsälzbären Daseins vor. Die Ernte dieses Jahr war reichlich, insgesamt 40 Kilo Früchte und Fruchtsaft lagerten in der Tiefkühltruhe, die nun zum auftauen kamen. Dazu noch frische Zwetschgen. Und dann waren sie da, die Gsälzbärla, voller Tatendrang teilten sie sich in Kleingruppen auf die 6 Kochstellen auf, jede Gruppe betreute ein Gsälzbär. Die Technik ist simpel: Früchte holen, abwiegen und mit Gelierzucker vermischen. Die Qual der Wahl, welche Früchte als nächstes kommen und welche eine gute Mischung ergeben, war oft schwieriger als die Zubereitung selbst. Rezepte sind streng geheim und werden nur von den Obergsälzbären weitergegeben. Einige sind anfänglich beim richtigen Mischungsverhältnis des Gelierzuckers ins Schleudern gekommen. Richtig ist ein Teil Früchte und ein Teil Zucker bei Gelierzucker 1:1 oder zwei Teile Früchte und ein Teil Zucker bei Gelierzucker 2:1. Anschließendes Aufkochen tötet Bakterien und Keime, sorgt für die komplette Lösung und Verbindung des Zuckers mit der Fruchtmasse und macht das Gsälz, in frisch gespülte Gläser abgefüllt, haltbar. Das Geliermittel Pektin sorgt dafür, dass die Fruchtmasse bei Erkalten fest wird. So konnte sich jeder, nun Gsälzbär, nach Herzenslust austoben, seiner Fantasie freien Lauf lassen und wer weiß, vielleicht neue Rezepte finden, die er als angehender Obergsälzbär an seine Sprösslinge weitergeben kann. Eine Abfrage des theoretischen Wissens in Form eines Quiz rundete die Ausbildung ab. Glücklich können wir auf 16 Gsälzbären aufsehen, die die Tradition und Rituale des Gsälzens weiterführen.

Abschließend wurden für die Ausbildung rund 40kg Früchte und Fruchtsaft –Himbeeren, Erdbeeren, Johannisbeeren, Brombeeren, Stachelbeeren, Zwetschgen, Rhabarber, Apfelsaft, Quittensaft, Johannisbeersaft-, 17kg Gelierzucker 1:1 und 14kg Gelierzucker 2:1 verarbeitet. Eine Masse die ca. 180 Gläser füllt.